Zum Hauptinhalt springen

Typische Vornamen der Oberschicht - gibt es sie?

Die Welt ist voller Klischees: Kaum hat man ihr Licht erblickt, erhält man einen Vornamen, der einen individuell identifiziert, ständig begleitet und jede Menge Assoziationen weckt. Dessen sollten sich junge Eltern bewusst sein und sich im Vorfeld genau überlegen, ob sie ihr Kind tatsächlich Chantal, Jeremy, Justin oder Kevin nennen wollen.

Vom berühmten Zitat "Kevin ist kein Name, sondern eine Diagnose" oder vom Buchtitel „Schantall, tu ma die Omma winken!" abgesehen, steht fest, dass bestimmte Vornamen schnell mal mit Bildungsferne und Verhaltensstörungen verbunden werden.

Das war schon immer so

Die Vornamensgebung erfolgt soziologischen Studien zufolge in gewissen Wellenbewegungen: Zuerst gibt die soziale Oberschicht ihren Neugeborenen Vornamen, die vermeidlich etwas besonders sind. Über den Vornamen soll eine Abgrenzung zum einfachen Volk erzielt werden. In der Folgezeit gibt auch die Unterschicht ihren Kindern die gleichen Vornamen – bald gelten diese als „gewöhnlich“.

Die Oberschicht sucht nun nach neuen Vornamen. Dabei greift sie auf ungebräuchliche und alte Namen zurück. Bereits im 16. Jahrhundert hatte sich zudem die Erteilung von Doppelnamen etabliert. Irgendwann hatten dann alle Kinder mehrere Vornamen und die Oberschicht sah sich genötigt, erneut Einzelnamen zu erteilen. Also löst in Hinblick auf die Vornamen eine Modewelle die andere ab.

Fifi-Trixibelle an Bord

Uncyclopedia, Wikipedias satirisches Pendant, stellt fest, dass es wohl eine krankhafte Unfähigkeit gibt, menschliche Vornamen an den menschlichen Nachwuchs zu verteilen. Kimberly Sue, Chiara Valentina Chayenne, Tyson Toni, Leonie-Jeanette oder Horst-Kevin sind einige Beispiele für Namen, die Anlass zu fröhlichem Vornamen-Bashing geben.

Zu finden sind die eigenartigen Namen in diversen Geburtsanzeigen oder auf den bunten Heckscheibenaufklebern auf den Autos der vermeintlichen Unterschicht.

Die Paten

Vorsichtig ausgedrückt ist der Ruf dieser Vornamen schlecht. Daran sind Umfragen schuld, die Lehrer auf die Aussagekraft der Vornamen ihrer Schüler hin befragten. Die Ergebnisse waren relativ eindeutig: Während Lukas, Sophie, Alexander, Marie oder Maximilian freundlich und leistungsorientiert sind, gelten Chantal, Angelina, Leonie, Justin, Mandy oder Kevin als ungebildet und verhaltensauffällig.

Die Studie zum Thema Vornamen, die übrigens fast ausschließlich aus dem englischsprachigen Raum stammen, gilt seitdem in den gut betuchten Kreisen und in verschiedenen Medien als Vorwand, diese Vornamen als Unterschicht-Namen einzuordnen.

Tatsächlich ist zu erkennen, dass die sogenannte Oberschicht nicht mehr als Vorbild der sogenannten kleinen Leute gilt. Diese Vorbildfunktion haben längst die Medien Musik, Film und TV übernommen – daher auch die Dominanz des Amerikanisch-Englischen innerhalb der Unterschicht. So waren es in den 1990er Jahren Filme wie "Kevin allein zu Hause" oder auch Justin Timberlake und Justin Bieber oder Angelina Jolie und Miley Cyrus, die heuer als Namenspaten deutscher Kinder herhalten müssen.

Der Hang zum Zweitnamen dient meist dem Zweck, sich von den anderen Kindern aus der Nachbarschaft abzuheben – woraus Namensgebilde wie Ashley-Rhianna, Brandon Phoenix, Fee-Christin, Rocco Mike oder Elvis Jan entstehen.

Der Irrtum

Nachgewiesen ist, dass es in Deutschland keinesfalls mehr Unterschichten-Kevins mit Verhaltensauffälligkeiten gibt als beispielsweise Maximilians oder Pauls. Der Anschein wird lediglich dadurch erweckt, dass der Vorname Kevin in den 1990ern so beliebt war. Damals standen Kevin und Chantal in der Top 10 der beliebtesten deutschen Vornamen.

Es wäre falsch, die Vornamen dauerhaft in die Schublade „Unterschicht“ zu verfrachten. Denn sie waren einmal so sehr positiv wahrgenommen worden und wer weiß schon, ob das nicht in kommenden Jahren wieder so sein wird?

Jetzt schon sind die Vornamen eindeutig besser als ihr Ruf, wie man am Beispiel Kevin sehen kann.

Gut geboren und hübsch

Der Vorname Kevin geht zurück auf die irische Form "Caoimhín". Dies heißt so viel wie "gut geboren und hübsch".

Um 1950 tauchte Kevin in Deutschland zum ersten Mal auf und wurde bis in die 1960er hinein als typischer Vorname in bessergestellten Familien vergeben. In die Mittel- und die Unterschicht zog Kevin erst in den 1990ern mit Kevin Costner und mit "Kevin allein zu Haus" ein.

Sprachwissenschaftler weisen dem Vornamen Kevin mit den Vokalen i und e ein hohes Maß an Harmonie zu. Dieser Wohlklang ist in Deutschland ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl der Vornamen. Bei Jason, Simon, Jonathan oder Jeremy verhält es sich ähnlich. Diese Namen biblischen Ursprungs sind derzeit in der Unterschicht verbreitet und gerade ihres Ursprungs wegen keinesfalls negativ besetzt.

Die Wirkung des Namens

Den Kindern dürfte die Wirkung ihrer Vornamen kaum selbst klar sein, Probleme können sie dennoch machen. So gibt es Beispiele, dass Arbeitnehmer ihres Vornamens wegen benachteiligt werden. Am Beispiel des Vornamens „Ali“ können durchaus gefährliche Vorurteile im öffentlichen Leben erwartet werden, die sowohl rassistisch begründet sein können als auch auf eine Zugehörigkeit zur sogenannten Unterschicht hinweisen.

Andererseits gibt es kein kollektives Namenbewusstsein der Ober- und der Unterschicht. Vielmehr assoziiert man eher mit bestimmten Vornamen Attraktivität, Jugendlichkeit und Dynamik, mit anderen Vornamen dagegen Dummheit und Alter - Wahrnehmungen, die sich auch bald schon wieder ändern können.

Fazit
Ob hässlich oder dynamisch, ob alt oder jung, ob Kevin oder Maximilian - wie so oft ist auch hier alles im Fluss. Vornamen der Unterschicht orientieren sich gerade an Sängern und Filmstars und die sogenannte Oberschicht kramt derzeit im Fundus alter deutscher Vornamen: Carl, Wilhelm, Minna, Heinrich und Friedrich deuten auf höhere soziale Schichten hin. Der Vorname „Otto“ gilt überall als niedlich, was vor einiger Zeit nicht denkbar war.
Auch bei den Vornamen steht fest, dass sich beständig die Moden ändern. Demnach gibt es weder spezielle Vornamen der Oberschicht noch solche der Unterschicht.

Mehr zum Thema

Top Mädchennamen 2024

1
Lina
2
Emilia
3
Emma
4
Ella
5
Ida
6
Lia
7
Lea
8
Amalia
9
Leonie
10
Laura

Top Jungennamen 2024

1
Levi
2
Liam
3
Emil
4
Anton
5
Leano
6
Paul
7
Theo
8
Elias
9
Jakob
10
Samuel